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Das Regenwetter machte der Mannschaft um Lokführer Ronny Rüchel in den vergangenen Tagen noch mächtig zu schaffen. Seit Mitte der Woche war aber alles klar. Der TÜV hat grünes Licht für den Betrieb von “Springerle” & Co gegeben.
Wenn in Kürze lautes Zischen im Höhenpark zu hören ist und Rauchzeichen über dem Killesberg aufsteigen, ist dies nicht nur für die Bewohner des Stuttgarter Nordens ein Signal, das keine Zweifel aufkommen lässt: Die Killesberg-Kleinbahn eröffnet ihre 56. Saison. Am Karfreitag, 14. April, ging es los und bis einschließlich Dienstag, 3. Oktober, wird im Park mächtig Dampf gemacht. Falls es wieder einmal einen “Goldenen Oktober” geben sollte, verlängert sich die Kleinbahnsaison automatisch um weitere 14 Tage. Zum letzten Mal übrigens unter der Aufsicht der Messe Stuttgart. Am 1. Januar 2007 gehen die Liliput-Lokomotiven samt Depot und Gleiskörper in die Obhut des Garten- und Friedhofsamts der Landeshauptstadt Stuttgart über, das dann auch für die Pflege des Höhenparks Killesberg zuständig ist.
Im vergangenen Jahr ließen sich nach Auskunft von Gerald Bartl, Chef der Technikabteilung bei der Stuttgarter Messe, rund 82.000 Passagiere (2005: 84.000) auf dem 2,3 Kilometer langen Rundkurs durch den Höhenpark chauffieren. Angesichts des sehr durchwachsenen Sommerwetters eine ordentliche Anzahl, jedoch 8000 weniger als im Jahrhundertsommer 2003. In diesem Jahr strebt man 85.000 Passagiere an, falls Petrus mitspielt.
Und diese Zahl kann dank des im Vorjahr eingeführten neuen Fahrkartenangebots, das großzügige Rabatte gewährt, durchaus erreicht werden. Neben den bisherigen Einzelfahrscheinen (alle Preise übrigens wie im Vorjahr) für Erwachsene (2,60 €), Begünstigte (2,10 €) und Kinder ab drei Jahren (1,50 €) gibt es jetzt 5-er Fahrkarten zu 11 € (Erwachsene), 9 € (Begünstigte) sowie 6,50 € für Kinder. Zudem sparen Kinder zusätzlich Geld, wenn sie sich eine 10-er-Karte für die Kleinbahn besorgen; diese ist für 13 € zu haben. Das neue Angebot entspricht einer Ersparnis von rund 15 Prozent gegenüber des bisherigen Kartensystems und hat sich auf Anhieb bewährt. Für eine Schutzgebühr von 40 Cent kann man zudem eine kleine farbige Broschüre über die Kleinbahn erstehen.
Den Winter hat die Mannschaft um Lokführer Ronny Rüchel dazu genutzt, die vier denkmalgeschützten Museumsbahnen zu überprüfen und die Fahrwerke auf Vordermann zu bringen. “Die Kessel der Dampfloks mussten diesmal nicht zur Generalinspektion ins thüringische Meiningen geschickt werden”, berichtet Rüchel, “dafür haben wir die Dampflok ,Tazzelwurm’ einer kompletten Fahrwerksrevision unterzogen.” Während die Dampfloks “Springerle” und “Tazzelwurm”, beide Baujahr 1950, auf dem Sprung in die neue Saison sind, muss die Diesel-Lok und Jahrgangs-Kollege “Blitzschwoab” noch pausieren. Deren Motor wird gerade generalüberholt und komplett durchgecheckt, zudem müssen die Getriebelager neu ausgerichtet werden. “Wir werden voraussichtlich Ende Mai damit fertig sein”, sagt Rüchel, “dann wird der ‚ Blitzschwoab’ ab Juni wieder auf Kurs gehen.”
Die zweite Diesel-Lok, der “Schwoabapfeil”, hat im Vorjahr ein neues Achsgetriebe bekommen. Schuld war eine Entgleisung im Juni 2005, bei der niemand zu Schaden gekommen war. Lediglich eine Weiche musste erneuert werden. Für die Saison 2006 ist der “Schwoabapfeil” jedenfalls bestens gerüstet; er ist wie die beiden Dampfloks frisch lackiert worden.
Damit die Kessel (Fassungsvermögen 700 Liter plus Tender mit 1000 Liter) zur Schonung mit “weichem” Wasser aufgefüllt werden können, war 2002 eine feste Wasseraufbereitungsanlage im Depot installiert worden. Zudem verfügt Rüchel über eine mobile Anlage, die in einem Transportwagen zum Kleinbahnhof gefahren wird. Diese “Sauerstoff-Impfanlage” hat sich bestens bewährt, “wir haben bei den Wartungsarbeiten im Winter deutlich weniger Korrosion an und in den Kesseln festgestellt”.
Zum Saisonauftakt am kommenden Freitag stehen somit drei der vier Kleinbahnen zur Verfügung. Unter der Woche und (falls nötig) sonntags sind die robusten Dieselloks “Blitzschwoab” (Baujahr 1950) und “Schwoabapfeil” (Baujahr 1992, erst ab Juni) im Einsatz, während die beiden jetzt 56-jährigen Dampfeisenbahnen am Wochenende und an Feiertagen im Killesberg-Park ihre Runden drehen.
Die Kleinbahnen sind übrigens filmreif: Die Arbeit der Monteure in der Werkstatt, die TÜV-Abnahme der Züge und 14 Wagen sowie der Fahrbetrieb im Sommer wurde auf vielfachen Wunsch aufgenommen und ist als DVD oder Video erhältlich. Die DVD / Kassette für Kleinbahn-Liebhaber wurde technisch überarbeitet und wird ohne Anspruch auf Hollywood-Qualität (Preis zehn Euro plus Porto/Versand) über den Förderverein der Kleinbahn zum Beispiel bei der Modellbahn-Messe im Herbst vertrieben. Sie kann auf der privaten Homepage von Kleinbahn-Liebhaber Torsten Brecht (www.killesberg-kleinbahn.de ) oder direkt bei der Lok-Besatzung angefordert werden. Brandneu sind zudem Postkarten, teilweise mit Sonderstempel versehen, die alle vier Loks im Einsatz zeigen und ebenfalls über den Förderverein bzw. Torsten Brecht erworben werden können.
Der Förderverein um die Vorstandsmitglieder Bernd Nusch und Uwe Brodbeck hatte vor vier Jahren einen der Personenwagen behindertengerecht umbauen lassen, damit auch Rollstuhlfahrer das Panorama des Parks vom fahrenden Zug aus genießen können. Laut Rüchel wurde der umgebaute Wagen gut angenommen – “etwa 80 bis 100 Rollstuhlfahrer waren in der vergangenen Saison mit an Bord” – und hatte viel Lob erhalten. Ob ein zweiter behindertengerechter Wagen vom Förderverein angeschafft wird, ist derzeit noch offen. Dagegen fällt die vom Förderverein gesponserte Dienstkleidung der Zugführer sofort ins Auge. Individual-look und Blaumann sind out, seit 2005 tritt das Team um Ronny Rüchel einheitlich in schwarzen Latzhosen, schwarzen T-Shirts und schwarzen Jacken oder Westen auf, passend zu ihrem Fahrzeugpark.
Die vier Killesberg-Lokomotiven fahren wie folgt: Mittwochs, sonntags und feiertags von 10 bis 18 Uhr, an allen anderen Tagen von 13 bis 18 Uhr. In den Sommerferien (3. August bis 16. September) sind “Tazzelwurm & Co.” täglich von 10 bis 18 Uhr im Schieneneinsatz. Die Abfahrtszeiten richten sich jeweils nach dem Passagieraufkommen am Kleinbahnhof, so dass man auch Wartezeiten in Kauf nehmen muss. Bei schlechter Witterung und nassen Gleisen haben die vier Lokomotiven Fahrverbot und müssen im Depot bleiben (Pressemeldung Freunde und Förderer der Killesberg Kleinbahn e. V., 18.04.06).