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Zu einer kleinen Jubiläumsfeier traf sich Erich Müller, früherer Zugführer der Härtsfeldbahn, zusammen mit dem Vereinsvorsitzenden der Härtsfeld-Museumsbahn, Werner Kuhn und dem Zugführer des Dieselzugs, Jürgen Ranger beim Saisonauftakt. Müller hatte vor genau 50 Jahren seinen Dienst als Hilfsschaffner bei der damaligen Härtsfeldbahn angetreten.
Neresheim. Zu diesem Anlass ist Erich Müller noch einmal in seine frühere Dienstkleidung geschlüpft. Gerne bläterte er bei dieser Gelegenheit in seiner Eisenbahngeschichte, die für ihn 1962 auf dem Neresheimer Bahnhof begonnen hat.
Seinem Dienst bei der Schättere ging eine Lehre als Gerber in der damaligen Neresheimer Gerberei, und eine fünf Jahre dauernde Gesellenzeit voraus. Die Familie Müller wurde 1946 aus ihrer Heimat im Sudetenland vertrieben und ist 1962 auf Umwegen nach Neresheim gekommen. Im damaligen Lehrerwohngebäude fand sie ihren ersten Unterschlupf. Erich Müller besuchte noch die zwei letzten Klassen der Volksschule bei Rektor Kappler. Der Vater übte in Neresheim seinen Beruf als Gerber weiter aus. Im Sudetenland besaß die Familie eine eigene Gerberei.
Schon bei seinem Dienstantritt hat Erich Müller erfahren müssen, dass die Härtsfeldbahn auf finanziell schwachen Beinen steht. Denn sein erster Arbeitstag war der 2. Mai, womit die Verwaltung einen „Zahltag“ sparen konnte. Aber dann ging die Arbeit gleich los mit der Fahrkartenkontrolle bei den Zugreisenden, die mit dem freundlichen „Ihre Fahrkarten, bitte“ gebeten wurden, die Fahrkarte zum „Zwicken“ vorzuzeigen.
Zu den Obliegenheiten eines Hilfsschaffners gehörte auch das Anhängen und Abkoppeln der Schienenfahrzeuge und auch das Verladen von Expressgütern. Der Güterverkehr und der Personenverkehr waren nicht getrennt.
Gut in Erinnerung behalten hat Erich Müller noch die Holztransporte. Von der einstigen Holzhandlung Durner ging mancher Waggon mit Rebpfählen in die Weinberge des Unterlands. Auch an die Zugfahrten in früheren Wintern erinnert er sich noch gern, als Schneeverwehungen dem Fahrpersonal oft Schwierigkeiten bereiteten. Mit dem Bahnschlitten musste das Bahngleis frei gemacht werden. Dabei wurde der Bahnschlitten – oft von vier Personen der „Rotte“ „beschwert“ – von der kleinen Lok nicht geschoben, sondern gezogen. Da konnte es schon passieren, dass die Schneemassen den Bahnschlitten vom Gleis geschoben haben. Das rechtzeitige Abspringen vom Schlitten, so erzählte Müller weiter, sei dann nicht immer gefahrlos gewesen.
Mühe habe das „Einlupfen“ des schweren Räumgeräts auf die Schienen bereitet. Bald schon wurde der Hilfsschaffner auf anderen Bahnnebenstrecken versetzt, über zehn Mal, sagte Müller. So lernte er den Bahnbetrieb auf anderen Bahnstrecken kennen, was ihm schließlich für seine persönliche Beförderung zugutekam.
Schon nach zwei Jahren Dienstzeit wurde Erich Müller zum Zugführer befördert. Als dann im Dezember 1972 das unrühmliche Ende der Schättere gekommen war, kam Müllers Versetzung zur Bundesbahn. Sein Dienst-Bahnhof war der in Aalen.
Mit der Zurruhesetzung 1999 endete Müllers Dienstzeit bei der Bahn. Als Mitglied des Härtsfeld-Museumsbahn-Vereins ist Erich Müller mit der Eisenbahn noch fest verbunden.
© Schwäbische Post 01.06.2012